File Kongress
Der letzte FILE-Kongress (Finance-Insurance-Law in Europe, europäisches Finanz- und Versicherungsrecht) fand zwar schon am 08.Mai 2009 statt, die vor zwei Jahren angesprochenen Themen sind jedoch aktueller denn je. Damals wie heute geht es um die juristischen Grundlagen der Anlageberatung und die dazugehörenden Honorarregelungen, ein Thema, das durch den jüngsten Vorstoß des Bundesverbraucherschutzministeriums hinsichtlich der Honorarberatung heute noch dringlicherer Erörterung bedarf.Regulierungsfragen für den Berufsstand
Im Jahr 2009 hatten in der Hamburger Handelskammer etwa 250 Besucher am FILE-Kongress teilgenommen, den der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung ausgerichtet hatte. Die Regulierung des Berufsstandes stand auf der Tagesordnung, auch die Honorarberatung war im Jahr 2009 schon ein Thema. Im Jahr 2009 war die Branche zwar noch heftig von der Finanzkrise betroffen, Berater warben auf der Tagung um Mut bei den Anlegern, welche die günstigen Einstiegskurse doch nutzen sollten. Interessantes Filmmaterial vom Kongress belegt aus gegenwärtiger Sicht (August 2011) immerhin, dass die Anlageberater recht behielten, der Dax ist inzwischen um 2000 (!) Punkte geklettert. Aber es ging vor allem um Haftungsfragen, denn das Verbraucherschutzministerium forderte im Zuge der Schäden, die während der Finanzkrise entstanden waren, die Haftung der Berater neu zu überdenken. Und daher wurde heftig um die Frage der Haftungsdächer diskutiert und darüber, inwieweit sich diese künftig am Markt behaupten würden. Haftungsdächer sind die Kreditinstitute, welche die Finanzgeschäfte der Vermittler der BaFin anzeigen und dafür letzten Endes haften. Ansonsten bedürften die Vermittler selbst der Erlaubnis der BaFin. Die Regelung findet sich im § 2 Absatz 10 des Kreditwesengesetzes (KWG). Wenn sie unter dem Haftungsdach einer im Inland zugelassenen Bank arbeiten, werden ihre Geschäfte zivilrechtlich dieser zugeordnet. Die Vermittler nutzen gern die Haftungsdächer, da die eigene KWG-Erlaubnis mit einem sehr hohen administrativen und auch finanziellen Aufwand verbunden ist. Auf dem Kongress, auf dem rund 30 Referenten sprachen, wurden die Perspektiven der Haftungsdachproblematik umfangreich erörtert.
Ansturm auf Haftungsdächer?
Man schätzte ein, dass der Run auf Haftungsdächer zunehmen könnte, wenn Investmentfonds künftig nicht mehr nach der Ausnahmeregelung des § 2 Absatz 6 KWG durch §34c-Vermittler angeboten werden könnten. Diese würden dann entweder selbst die Zulassung als Finanzdienstleistungsinstitut oder - wesentlich praktischer - ein Haftungsdach benötigen. Allerdings fehlen valide Angaben zur Zahl der betroffenen Vermittler. Im Register waren 2009 etwa 37.000 Versicherungsmakler mit 34c-Erlaubnis erfasst, von denen bis zu 30.000 auch Fonds anboten. Man nahm jedoch an, dass die Regulierung über die Gewerbeordnung erhalten bliebe, was sich bis Mitte des Jahres 2011 bestätigt hat. Nach wie vor können 34c-Vermittler über die Bereichsausnahme nach § 2a Absatz 1 Nummer 7 WpHG oder nach §2 Absatz 6 KWG Fonds anbieten. Die im Jahr 2009 angesprochenen Prüfkriterien für Finanzmakler - Sachkundeprüfung, Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden, Beratungsdokumentation und Registereintrag - finden sich allerdings sämtlichst im Eckpunktepapier aus Juli 2011 für die Honorarberatung wieder, welches das Verbraucherschutzministerium unter Ilse Aigner vorgelegt hat. Die Branche bleibt also in Bewegung. Haftungsdächer werden jedoch für die Vermittlung von Zertifikaten und Anleihen benötigt. Makler setzen wegen des de jure wesentlich erleichterten Handlings allerdings verstärkt auf fondsgebundene Versicherungen, und Verbraucher folgen dem gern schon aus Vorsicht in Folge der letzten Finanzkrise. So die Einschätzung auf der FILE-Tagung 2009, die 2008er Finanz bestand faktisch noch, europäische Aktien waren auf einem Tiefpunkt angelangt. Einige Experten glaubten auf der Tagung daher, dass bei diesen Szenarien manche Haftungsdächer nicht überleben würden, deren Vertreter (von Netfonds, DMS & Cie., BCA und Jung) widersprachen dieser These jedoch. Ohnehin hatten im Jahr 2009 nur 23 von insgesamt 180 BaFin-registrierten Haftungsdächer Makler aufgenommen. Im Jahr 2011 klagen einige Vermittler, dass ihnen inzwischen von Haftungsdächern gekündigt wird. Dennoch betrifft die Anbindung an ein Haftungsdach nur rund fünf Prozent aller Makler.
Überregulierung vermeiden
Die Branche wehrte sich auf der FILE-Tagung des Weiteren gegen eine Überregulierung durch die Politik, hier rückten vor allem Investmentfonds und Geschlossene Fonds in den Fokus. Der freie Fondsvertrieb müsse erhalten bleiben, forderte der AfW, wobei ebenso Mindestqualifikationen für die Vermittler gefordert wurden. Im gleichen Zuge sollten allerdings auch Privilegien für Banken und Verbraucherschutzzentralen abgeschafft werden, die nicht wie freie Vermittler auf ihre Qualifikation geprüft werden.
Zukunft der Honorarberatung
Über die Honorarberatung, die auch 2009 schon heftig diskutiert wurde, machten sich die FILE-Teilnehmer ebenfalls Gedanken. Sie schlugen ihrerseits erneuerte Vergütungsmodelle und eine enge Anbindung an Kundenwünsche vor. Der Themenbereich wurde durch die Besucher stärker beachtet als die Haftungsdachproblematik. Man ging einhellig davon aus, mit für den Kunden attraktiven und transparenten Vergütungsmodellen verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen und sprach dem Kongress wichtige Impulse in Richtung von Vermittlern und Produktgebern zu. Signale an die Politik sollten freilich auch gesandt werden. Wie wichtig die Finanzwirtschaft die politischen Ambitionen hinsichtlich neuer gesetzlicher Grundlagen nimmt, zeigte sich unter anderem auch darin, dass zwei an sich konkurrierende Unternehmen - Jung und DMS - die Tagung gemeinsam sponsorten.